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It's a Wrap - Part II

So ab jetzt beginnen 2 Monate, in denen ich es möglicherweise ein klein wenig übertrieben habe. Für mich waren die kommenden Monate in Südafrika zwar klar die Besten überhaupt in meinem Leben, no doubt, doch war ich in dieser Zeit auch fast nicht mehr Zuhause zu sehen. Öfters habe ich es sogar nicht mal mehr zum Schlafen dorthin geschafft.


In Gang gesetzt wurde dieser Prozess durch das kleine, soziale Loch, in das ich nach dem Urlaub mit meiner Mum gefallen bin. In dieser Etappe hatte ich genug Zeit, um mich intensiv mit mir selbst auseinander zu setzen. Was möchte ich in diesem kurzen Jahr erreichen? Wer möchte ich sein? Wie sollen mich andere Leute wahrnehmen?

Eine wesentliche Lektion, die ich aus dieser Zeit mitgenommen habe, ist, dass du in der Theorie fast alles erreichen kannst.

(Zumindest wenn du in gewissen Grundrahmenbedingungen aufwächst.)

Ob es dabei soziale Ziele sind, die du erreichen willst. Wie dass man in bestimmten gesellschaftlichen Gruppen rangiert, beispielsweise regelmäßig in die dicksten Villen der Stadt eingeladen wird oder sich zu fast jeder Zeit relativ gefahrlos auf den gefährlichsten Turfs der Stadt bewegen kann...

Oder ob es um karrieretechnische Bestreben geht, wie sich beispielshalber in bestimmte Positionen zu bringen, in denen man mehr Handlungsspielraum besitzt....

Oder aber ob es sich um individuelle Ziele handelt, wie z.B. einen besonderen Skill zu erlernen... macht dabei eigentlich keinen Unterschied.

Essenziell ist lediglich, dass du die Entscheidung gefasst hast, dass du diese Zielsetzung umsetzen willst und daraufhin auch dein Handeln danach richtest.

Dies bedeutet, statt jeden Abend eine halbe Stunde lang durch Instagram zu scrollen, wenn du am Ende eh nur 5% der Beiträge länger als 24 Stunden im Kopf hast und du anschließend noch schlechter einschlafen kannst als vorher schon. Du vielleicht lieber noch einmal kurz checken solltest, ob du allen Personen, die du gerade in deinem sozialen Umfeld wertschätzt auf WhatsApp ausreichend geantwortet hast oder ihnen im Zweifel noch schnell eine angenehme Nacht wünschst, bevor du zu einem Investmentbanking-Podcast einschläfst.

Klar gestalten sich diese Verhaltensmuster für jeden individuell. Universell anwendbar ist meiner Ansicht nach allerdings, dass einen kurzfristig, kognitiv stimulierende Dinge nicht zwangsläufig langfristig glücklich machen müssen. Ein drastisches Exempel dafür wären harte Drogen, ganz alltägliche sind Fernsehen, Computerspiele oder die „Instagram-Explore-Page“.


Dies bedeutet für mich, nicht immer das Nächstbeste zu wählen. Warum zum Entspannen ein Video schauen, wenn du schon immer Yoga machen wolltest und dich dies möglicherweise viel nachhaltiger Entspannen könnte? Wieso drei Dokus gucken, weil sie gerade die interessantesten in der Mediathek sind, anstatt sich drei Stunden lang mit einem Thema zu befassen, was einen seid jeher interessiert? Warum auf Partys gehen, bei denen man sich zu 90% sicher ist, dass sie eh ähnlich uninspirierend verlaufen, wie die letzten 10 Partys auf denen man war. Anstatt zu versuchen auf die Events zu kommen, wo man sich zu 90% sicher ist, dass man sich an sie noch in einem Jahr erinnert.

Es bedeutet anfangen in die Richtung zu steuern, in die man wirklich will. Anstatt einfach nur vom Strom mitgezogen zu werden.

Es bedeutet seine Comfort-Zone zu verlassen und etwas zu ändern mit dem man eigentlich tief drinnen unzufrieden ist oder bei dem man weiß, dass man eigentlich noch viel mehr als den gegenwärtigen Zustand erreichen möchte.


Geendet ist dieser ganze Gedankenprozess darin, dass meine nächsten 2 Monate 'fucked up busy' geworden sind, da ich zu dem Schluss gekommen bin, dass ich mehr oder weniger grundlegende Dinge in allen drei Bereichen verändern wollte: Sozial, Arbeit und individuelle Skills. Ich hatte das Gefühl angekommen zu sein und jetzt richtig loslegen zu können.

So lebendig wie in diesen Monaten, habe ich mich bis dato zu keiner Sekunde gefühlt.


Beachday am Kingsbeach

Beginnen tat alles völlig harmlos. Am 2. Februar Wochenende viel Mal wieder das Schwimmtraining bei der Lehrerin aus, die Tabea und ich eh auf den Tod nicht abkonnten, also plädierte ich für einen Beachday. Tabea zog zum Glück mit und Mieke eine Mitfreiwillige aus New Brighton war auch noch am Start.

Ich denke, die Bilder sprechen einmal mehr für sich. Eine wirklich super schöne Erinnerung, vor allen Dingen die Jüngsten langsam ans Meerwasser zu gewöhnen, war echt herzergreifend.


Pizza-Bakery

In meiner „persönlichen Umstrukturierungsphase“ beschloss ich zudem meine Arbeitsstunden auch unter der Woche zu steigern. Da ich den anderen Freiwilligen jedoch nicht zumuten wollte, mich jede Woche abends abholen zu müssen, schlief ich des Öfteren Mal im Haven. Weil das auch für mich immer mit einem gewissen Aufwand verbunden war, wollte ich, dass eine Übernachtung von mir für die Kids ebenfalls zu etwas besonderem wird. Das eine Mal machten wir z.B. Popcorn zusammen und guckten einen Film. Ein anderes Mal dachte ich an meinen alten Job zurück und funktionierte die Gemeinschaftsküche kurzerhand zur Pizzabäckerei um. (Herr … sie schulden mir übrigens immer noch 100€ für Überstunden.)



Damit das für mich nicht immer Putzwahn endete, gingen die Kinder und ich einen Pakt ein. Ich kaufe die Zutaten, ihr macht die Küche sauber. Und in Deutschland mag man es mir glauben oder auch nicht, hinterher konnte man vom Boden essen, literally.


Der ins Wasser gefallene Wanderausflug

Wieder ein paar Wochen später, mittlerweile lief ich auf Hochtouren. Noch genau kann ich mich erinnern, wie ich zu Tabea völlig überrascht meinte: „Ey Tabea alles was ich enjoye, gefällt den Kids ja auch.“. Rückblickend gesehen ein fataler Satz. Denn das ist eine dieser Aussagen, die in sozialen Jobs, die schon von Haus aus hauchdünne Linie, die Arbeit und Privatleben trennt, endgültig verschwinden lässt.

Naja anyway in jedem Fall macht mir Wandern Spaß und ich hatte dieses ständige die Kinder vor den Fernseher setzen und daraufhin habe ich meine Ruhe, was im Haven manchmal praktiziert wurde, endgültig satt.

Schlussfolgernd saßen die neun ältesten am nächsten Wochenende mit mir im Auto auf dem Weg zum Groendal Nature Reserve, welches leider infolge vergangener starker Regenfälle geschlossen war. Perfekt, dass der Anfahrtsweg nur eine Stunde in Anspruch genommen hatte. But you know mos, there is always a plan bhuti…im Anschluss an eine kurze Debatte, sind wir alternativ einfach zum Sardinia Bay gefahren.



Ey so rückblickend bin ich an dem Tag verdammt viel Auto gefahren.


Das University-Rugbyspiel eine Woche später

Okay man ahnt, denke ich so langsam, dass Saliu nun endgültig im Stadium des Vollzeit-Workaholics angekommen ist. Man merkt vielleicht allmählich wie busy ich wirklich war, wenn man in Betracht zieht, dass ich in dieser Zeit darüber hinaus noch Hip-Hop-Tanz (2x wöchentlich) und Volleyball (1x wöchentlich, 2,5 stündig) anfing. Dass ich jeden Tag bis auf Freitag mindestens von 8 bis 17:00 mit dem Haven beschäftigt war, war für mich eh schon ganz normal geworden.

Ach ja und die ganzen Geschichten der Anfänge der New Brighton Gang aus dem letzten Artikel? Das geschah auch in dieser Zeitperiode.


Eventuell wurden durch diese Dauerbelastung meine Gehirnzellen ebenfalls leicht in Mitleidenschaft gezogen. Dies würde zumindest erklären, warum die nächste meiner Ideen ein bisschen abgedreht war.

Denn was mag Saliu außerdem? Klar Rugby. Außerdem brauchte er noch dringend eine Entschädigung für die jüngeren, dafür dass sie bei seinem geplatzten Wanderausflug nicht mit konnten. University Rugby Games fanden überdies stets nur Montagabends statt, die derzeitigen Osterferien boten dementsprechend eine einmalige Chance.

Für Work-Aholic-Saliu war die Situation also glasklar. Er musste Tabea davon überzeugen, dass es eine Weltklasse-Idee war, eine Gruppe von Kids deren Durchschnittsalter Neun betrug, mit zu einem Rugbyspiel zu nehmen, bei dem er selbst schon beinahe der Jüngste war.


But anyway, I don't know what you think but I think we had an absolute blast ; )


Beach-Outing zu Happy-Valley +

gemeinsame Sleepoverparty in der Lounge zwei Tage später am 22.03.

Ich lass, das hier glaube ich, einfach mal unkommentiert so stehen. Zu unserer Verteidigung die Kinder hatten Ferien und nichts zu tun.

Ich habe nicht mal mehr Bilder gemacht, weil ich schon so drinnen war, dass ich dachte, dass wir den ganzen Spaß zur Hälfte für mich selber schmeißen.



Das Camp

So Zeit für um wieder ein bisschen mehr Ernsthaftigkeit reinzubringen. Das Camp ist nämlich wirklich etwas, was mir sehr am Herzen gelegen hat, worauf ich unglaublich stolz bin und welches überdies eine ziemliche Vorgeschichte hat.


Diese begann mit einem dieser Ereignisse in Südafrika, über die ich eigentlich nur ungern öffentlich rede, weil es schlicht unmöglich ist, die Hintergründe der Geschehnisse ausreichend auszuleuchten, dass diese Situationen für einen Deutschen vollkommen verständlich werden.

In diesem Fall geht es um eine recht heftige gewaltsame Auseinandersetzung zwischen einem Teenager und seiner Hausmutter im Okterober 2018 an dem Tag unseres "Gravity-Ausflugs" kurz vor Abfahrt, die ich schlichten musste. Wobei „schlichten“ an dieser Stelle ein sehr beschönigendes Wort ist.

Da ich in einer vergleichbaren Situation noch nie vorher in meinem Leben gewesen bin, hat mich das verständlicherweise ordentlich mitgenommen.

Ich sprach mit mehreren Südafrikanern über die Geschehnisse und ihre Grundhaltung war ähnlich. Den Jungs fehlt in der Pubertät ein „gemäßigtes“ Alphatier. Das konnte ich zwar vorspielen, aber so komplett meinem Charakter entsprechend, war „Alpha“ zu sein nie und die paar mickrigen Jährchen Altersunterschied zwischen den Jungs und mir machten das Ganze ebenso nicht gerade besser. Das Problem blieb also für mich ungelöst.


Kleine Zeitreise einen Monat in die Zukunft zu unserem ersten ASC-Seminar in Südafrika in den Hogsback Mountains. Selbstverständlich war das Geschehene im vergangenen Monat noch kein Stückchen weiter in die Ferne gerückt und genauso präsent wie an Tag eins, daher war im ersten Moment als ich den Instructor unseres Teambuilding sah, die Sache für mich klar.

Für mich machte es keinerlei Sinn so einen aufgepumpten Typen ins Haven zu schicken, der den Kerlen mal zeigte wie der Hase läuft, weil dies das Grundproblem nicht gelöst hätte. Der nötige Respekt vor den Hausmüttern fehlte bei den Jungs grundlegend.

Der Instructor jedoch, war ein anderes Kaliber. Sie war eine Frau mit einer immensen Autorität, war dabei allerdings keineswegs enorm hart oder gar unfair wie die Hausmütter, die des öfteren Mal dazu tendierten heillos über die Stränge zu schlagen.

Die Jungs brauchten diese Frau und da die Frau nur schwerlich zu ihnen kommen konnte, mussten die Jungs zu der Frau…


Wieder einmal besteigen wir unser kleines Zeitreisemobil und zack 6 Monate später: Ich sitze am 05.04. mit 21 Kids im Haven-Bus und wir hören uns alle zusammen die Predigt von Mama Mbelu an, dass jedem einzelnen der Kids das blaue Wunder blühen werde, sollte sie auch nur eine Beschwerde von den ASC-Freiwilligen-Betreuern zu hören bekommen.

Mit dieser feierlichen Einstimmung machten wir uns auf, die vier Stunden zum Hogsback Mountain zu erklimmen. Mit einem beispiellosen Rekord von nur einer Pinkelpause schafften wir es sogar zu früh nachmittags im Hobbiton Outdoor Education Center anzukommen.


Im Anschluss an die Einrichtung der Stockbetten in den beiden Schlafsälen für Mädchen und Jungs starteten wir direkt mit einer kleinen Wanderung durch den Wald in ein Wochenende voller Spaß, Spannung und Aufregung.


In den nächsten 48 Stunden standen viele kleine Teambuilding spiele, eine Wanderung zum lokalen Wasserfall, sowie eine Nachtwanderung, ein Vormittag im Kletterpark und Zig-Lining auf dem Plan.



Das ganze Wochenende bekocht wurden wir von dem Rest der PE-Freiwilligen plus Ronja aus East London, die extra angereist sind, um Tabea und mir zu helfen alles von Kinderbetreuung bis Essensausgabe zu managen.

Es ist ja schließlich kein offizielles Personal vom Haven außer dem Fahrer mitgekommen, wir waren also komplett auf uns alleine und das Hobbiton-Team gestellt.



Rückschauend muss ich zugeben, dass ich in meinem Leben noch nie so gestresst war. Irgendeine Prüfung oder ein Massenandrang durch ein viel zu günstiges Special in meinem alten Job hätten mein Körper niemals so kicken können, wie dieses Wochenende.

Denn ich wusste, würde einem einzigen Kind an diesem Wochenende ein einziges Haar gekrümmt oder würde eines der Kinder wegen einer seiner Aktionen in diesen 3 Tagen, danach von seiner Hausmutter geschlagen werden, weil es ‚naughty‘ war, dann hätte ich mir das niemals verziehen.

Ich bin so unbeschreiblich dankbar, dass nichts davon eingetreten ist. Ebenfalls unfassbar dankbar bin ich für die anderen Freiwilligen und vor allen Dingen Tabea, die das Ding so gerockt haben. Wie Tabea sich um die Einnahme der Medikamente zu den richtigen Uhrzeiten, von 21 Kindern gekümmert hat, war schlicht und einfach großartig, hands down.



Als ich dann zusätzlich von unserem Busfahrer am Montag noch hörte, dass sich die Kids schon allein im Bus zur Schule um ein vielfaches weniger Streiten, wäre ich fast in Tränen ausgebrochen. Diese ganzen Sachen zu organisieren, die Unmengen an Essen zu holeb, das ständige hin und her mit Hobbiton und den Spendengeldern auf deutschen Konten, alle Kinder einen kompletten Freitag vom Unterricht befreien zu lassen, das war schon krass. Insbesondere, da wir die Wochen davor ja schon nicht gerade den schmalen Fuß gemacht haben, was extra Aktionen anging.


Aber es hat sich mehr als nur gelohnt. Für mich waren diese drei Tage das Highlight des Jahres. Punkt aus Ende.









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