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Mein "Alltag" - Teil 2

Aktualisiert: 30. Sept. 2019

Danach geht es meist zu der örtlichen Shopping-Mall. Der Pick'n'Pay dort, eine der größten Supermarktketten hier in Südafrika, spendet uns täglich ca. 70 kg an abgelaufenem oder eingedelltem Brot, Kuchen und Gemüse, die von uns abgeholt und anschließend sortiert werden. Dabei macht es sich übrigens immer ganz gut, dass ich mit der Arbeit in einem Pizzalieferdienst glücklicherweise fast jede Berührungsangst mit Lebensmitteln in so ziemlich allen Verfallensgraden verloren habe.


Just-In-Time-Logistik auf dem Pick'n'Pay Parkplatz

Nach dieser alltäglichen Lieblingsaufgabe von uns wird es schon deutlich schwieriger vorherzusagen, wie mein Tag weitergehen wird. Meistens sind es Fahreraufgaben, die mich erwarten. Das hört sich jetzt zuerst ziemlich langweilig an, könnte es, denke ich, auch sehr gut sein. Aber wenn man hier unten eins lernt, dann ist es aus allem immer das beste zu machen. Auf den Fahrten kommt man sich immer schnell Näher. Besonders in unserem Zweisitzer Nissan-PickUp, der zwar mit bestem Willen versucht ein Dreisitzer zu sein, seine Ingenieure dabei aber irgendwie die Ausmaße von südafrikanischen 'Mamas' vergessen zu haben scheinen. Auch am Ziel kann man meist tolle Leute kennen lernen, ob es der weiße Arzt ist, der in mitten einer 'coloured' Community mit einer winzigen Praxis die Kinder und Hausmütter unseres Kinderheims umsonst behandelt, der offenherzige Mitarbeiter bei der 'Foodbank', die mit ihren Lebensmittelspenden täglich die benachteiligten Südafrikas versorgt oder der kleine Junge, der sich im Township aus Kabeln und einer Toastverpackung einen Drachen selbstgebastelt hat.

Der berühmt berücktichtigte Haven 'Nissan-Bukkie'

Darüber hinaus kommen Tabea und ich dadurch natürlich auch sehr viel in unser aktuellen Heimatstadt Port Elizabeth herum. Dies bedeutet, dass man doch sehr viele Facetten, der großen Industrie- und Hafenstadt zu sehen bekommt. Da kann es schon mal passieren, dass man am selben Tag im Villenviertel 'Walmer Heights' herumfährt und die nächste Station ein Township um den riesigen Salzsee 'Saltpan ist, während man seit Arbeitsbeginn schon dreimal am Stadtviertel Katanga vorbei gefahren ist, wo in den letzten sechs Monaten ca. 80 Menschen ermordet wurden.

Ferner würde ich mal so forsch behaupten, dass nur sehr wenige Ausländer so tief in Townships unterwegs sind wie wir. Was immer wieder aufs neue, wie das Eintauchen in das Leben eines fernen, außerirdischen Planeten ist, aber ohne jemanden, der nicht genau aus dem Township kommt, in das man gerade aufbricht, einfach nur sau gefährlich ist. Dazu aber in einem seperaten Artikel mehr.


Der Weg zu dem Haus der Familie eines unserer Mädels
Der Weg zu dem Haus der Familie eines unserer Mädels

Wenn ich also gerade mal nicht durch halb Port Elizabeth cruise, könnte man meinen, das einem im Haven, das um diese Zeit noch friedlich schlummert, besonders verglichen mit dem Sturm, der täglich, pünktlich um ca. 3 Uhr mit Eintreffen der Kinder los tobt, schnell langweilig wird. Das stimmt tatsächlich leider auch.

Meine Lösung, eine Liste mit Sachen, die ich machen kann, wenn ich gerade echt absolut nichts anderes sinnvolles zu tun habe. Darauf stehen allerlei langfristige, konstruktive Dinge wie, den Garten aufpeppen, den Zaun verschönern oder das Recyclingprojekt nach vorne zu bringen.

Da ich aber gerade anscheinend meine kreative Ader wieder entdeckt habe, artet es oft darin aus, dass ich mir von Kindern Liebe in Form gebastelten und gemalten Dingen für ihr Zimmer erkaufe. Außerdem sind da ja glücklicherweise noch unsere Freunde im Haven.

Das Nähzimmer hat immer den neuesten Klatsch und Tratsch zu bieten. Im Gemeinschaftsraum hingegen geht es eher darum, wer dieses Wochenende mal wieder wo, wen über den Haufen geschossen hat, Potte (dicke Hintern auf Afrikaans) dürfen natürlich auch nie zu kurz kommen und herumgealbert wird selbstverständlich auch immer gerne. In der Küche gehen dann alle Gesprächsthemen bunt durcheinander.


Im Nähzimmer gespannt den Gesprächen lauschen und dabei einem Kind eine Freude machen, was gibt es schöneres

Und wenn alles nichts hilft, dann kann man immer noch zurück zu seinen Fans in die Playschool gehen oder zum Haus meiner neuen Oma (die Mutter einer Mitarbeiterin) ein paar Straßen weiter, Tee trinken.



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