top of page
Suche

Mein "Alltag" - Teil 3

Aktualisiert: 30. Sept. 2019

Drei Uhr, Türen schlagen zu, lautes Geschrei und Gesinge auf dem Hof, erstes Getrappel auf den Fluren: Ernstfall. Ab jetzt zählt es, bereit zu sein und zwar für ausnahmslos alles.

Mühsam eingeübte Handschläge werden im Kopf noch einmal durchgegangen, das Einmaleins schnell an den Fingern abgezählt und zu guter letzt ein verbissenes Lächeln aufgesetzt, denn es gilt die Devise, keine Schwäche mehr zeigen. Dann geht es los, während der hereinbrechenden ersten Welle an Kindern wird ein letztes Mal tief durchgeatmet und der Rücken ordentlich gestreckt, da du dir bei einem zu 100% sicher sein kannst, alle wirst du nicht abwehren können, einer schafft es immer durch, einer durchbricht deine Verteidigung und hängt sich im vollem Blutrausch von hinten an deinen Hals.

Sobald das passiert ist, ergibst du dich deinem Schicksal und das mittlerweile ganz “alltägliche” Chaos bricht los.


Kinder fliegen durch die Luft und wollen geknuddelt werden. Im Anschluss heißt es endlose Fragen beantworten, bei Hausaufgaben helfen, trösten und im Notfall auch bestimmt zurecht zu weisen. Was wirklich jeden Tag aufs neue wieder eine Herausforderung ist, aber eben auch die eine Stunde, auf die ich mich mit Abstand am meisten freue.

Schade ist hingegen, dass dies auch genau die Zeit ist, in der von mindestens einem von uns erwartet wird, einige Mitarbeiter des Havens nach Hause zu fahren. Man sieht die Rasselbande also immer nur alle zwei Tage. Genau deswegen bleibe ich aktuell auch mindestens ein Mal die Woche noch ca. 4 Stunden länger als vorgesehen oder schlafe gleich in einem der Cottages der insgesamt 5 Familien. Um das zu machen, was das Haven als Einsatzstelle so einzigartig macht, eine richtige und tiefgreifende Bindung mit den Kindern aufzubauen. Oft erfährt man dabei in den Gesprächen mit den Kids mehr über sich selbst und die Verkopftheit unserer Welt, als über das Kind selber. Was immer wieder eine schöne, erstaunliche aber auch erschreckende Erfahrung ist.

Und schließlich gibt es wohl wenig schöneres als nach einer Übernachtung im Haven von einem zweijährigen zum Sonnenaufgang wach gemacht zu werden, der den eigenen Namen klatscht und einem freudig an der Nase zieht.



Valentinstagsaktion mit den Kindern und Aufwachen neben dem Jüngsten


Natürlich mag ich aber auch mein eigentliches Zuhause, wo ich mit 5 weiteren ASC Freiwilligen lebe. Dort komme ich nach den festen Abholzeiten an “normalen Tagen” zwischen fünf und halb sechs Abends und wenn ich länger bleibe um ca. viertel nach 8 an. Die Ausnahme bildet Freitag, wo ich meistens schon um kurz vor drei Zuhause bin. Aktuell nimmt das Haven inklusive gelegentlicher Aktivitäten am Wochenende mit den Kindern also ca. 50 Stunden meiner Woche ein. Hört sich erst einmal viel an, ist für mich aber im Moment die ideale Lösung.


Beispiele für Wochenendaktionen: links Strandtag, rechts Charity Run


In den ersten paar Monaten, habe ich mich dann nach dem Haven fast jeden Tag noch mit Freunden oder Bekannten getroffen. Gerade ist das bisschen abgeflaut, da diese Gruppe von Freunden sich unglücklicherweise ganz schön zerstreut hat. Deswegen warte ich zur Zeit sehnsüchtig auf meinen Tanzkurs, welcher in zwei Wochen beginnt.

Mit diesem kleinen Ausblick auf die Zukunft reicht es dann glaube ich auch mit meinem nicht ganz so alltäglichen Alltag. Ich hoffe, ihr hattet Spaß beim Lesen. Mal gucken, welches das nächste Thema sein wird.

51 Ansichten
bottom of page