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Das Township - Die Armut Der ewige Marathon

Aktualisiert: 24. Mai 2021

Das nächst offensichtlichste Problem ist wohl die Armut in Townships. Dabei ist diese zwar auf den ersten Blick offensichtlich, an Bretterbuden und Containern am Straßenrand in denen Haarschnitte und Essen angeboten werden, dem Verpackungsmüll, der einfach so auf der Straße und den 'Dirtroads' herumliegt, den auf der Straße mit aus Schrott gebauten Spielzeugen spielenden Kindern und am deutlichsten wohl an den immer wieder auftauchenden 'Shacks', den Wellblechhütten in denen ein Teil, der Townshipbewohner lebt.



Sie ist jedoch viel komplexer, als dies die vielen Zeitungsartikel, die man über Townships liest, geschrieben meist von Journalisten, die in ihrem Kapstadt-Urlaub mal eine 4 stündige Township-Tour mitgemacht haben, vermuten lassen.

Denn es ist leicht, die Armut die dort herrscht, zu pauschalisieren, denn ja, sie ist krass, im ersten Moment sogar erdrückend. Eins der einprägsamsten Beispiele war wohl, als ich mit meiner Mutter, die mich Anfang Januar besuchen kam, Freunde im Missionville-Township besuchen war und ihr erster Satz war, als wir mit unserem nagelneuen Mietauto in deren Gegend eingebogen sind: „Das ist jetzt bitte nicht hier“. Und man muss dabei wissen meine Mutter ist, die die sie kennen, werden mir bestimmt zustimmen, so ziemlich die Verkörperung des Antonyms für pingelig. Aber man ist so eine flächendeckende Armut als deutscher einfach nicht gewohnt.


Drachen über dem Missionville Township

Doch finde ich, ist es ein großer Fehler, die Situation nur einseitig zu beschreiben. Wenn man eben nur von den 'Shacks' schreibt, dem brackigen Wasser, was sich in den Mulden der Dirtroads sammelt oder dem Müll, dann entmenschlicht das automatisch und zwar, weil sich kein Mensch aus einem Industrieland vorstellen kann, dass man als MENSCH jeden Tag aufs Neue so leben kann. Es rückt die Thematik eher weiter in die Ferne, als den Leuten die Situation in Entwicklungs- und Schwellenländer näher zu bringen.



In den Townships Port Elizabeths leben die meisten Leute eben nicht in Wellblechhütten oder Bretterbuden, sondern in kleinen Häusern mit fließend Wasser und Strom, viele davon von der Regierung gebaut und denen kostenlos zur Verfügung gestellt, die sich keine richtige Unterkunft leisten können.

Wie in den meisten deutschen Wohnungen bildet auch in vielen Häusern im Township ein Wohnzimmer mit Fernseher den Lebensmittelpunkt, Unterschied ist, alles ist kleiner. Oft lebt eine ganze Familie auf vielleicht 40 Quadratmeter. Fast jeder besitzt zumindest ein billiges Smartphonesmodell für um die 60€ und auch Autos sind keine absolute Seltenheit.


Von der Regierung gebaute sog. 'RDP Houses'

Und wenn man sich nämlich einmal die Mühe gemacht hätte wirklich in ein paar 'Shacks' hinein zu gehen, dann wüsste man, dass man sogar dort manchmal ein Wohnzimmer inklusive Flatscreen findet, das Ganze dann aber insgesamt aber noch kleiner. Wobei man ganz klar betonen muss, dass die meisten Shacks weder fließend Wasser noch einen Einrichtungsstandard über dem absoluten Minimum besitzen.


Shack irgendwo am Ende vom New Brighton Township

Denn selbstverständlich möchte ich die Probleme auch nicht kleinreden, die Armut ist da. Mir ist nur wichtig, dass man versteht, dass reale Leute, wie du und ich, Tag ein Tag aus mit ihr zu kämpfen haben. Leute, die das Beste für ihre Kinder wollen, die etwas erreichen möchten, sei es im Job oder privat, die etwas schaffen möchten, was bleibt. Nur im Unterschied zu uns werden ihnen dabei nicht gelegentlicher immer mal wieder Steine in den Weg gelegt, sondern sie müssen den ganzen Weg gleich selber bauen und selbst, wenn das geschafft ist, muss damit gerechnet werden, dass man von einem Tag auf den anderen wieder von vorne anfangen muss.


Wenn man sich mit der Geschichte des Townships befasst, dann kennt man das irgendwo her. Wie sich einige vielleicht erinnern, war einer der Grundkonzepte von Townships Wohnraum für billige Arbeitskräfte auf niedrigsten Bedingungen zu schaffen. Und tatsächlich ist es noch immer so, dass eine Vielzahl von Leuten im Township entweder arbeitslos ist oder sich für ein Gehalt von umgerechnet ca. 1 bis 3€ 12 Stunden pro Tag ohne Aufstiegschancen kaputt macht.


Sogar das Chancen vernichtende System der sog. „Bantuerziehung“, ist irgendwo noch wieder zu erkennen. Denn Township-Schulen sind noch immer deutlich schlechter ausgestattet, als Schulen in den Suburbs von Port Elizabeth, wie sich sicherlich zu Genüge auf den Blogs von anderen Freiwilligen nachlesen lässt. Der entscheidende und wichtige Gegensatz zu „Bantuerziehung“ diesmal ist, dass die schlechtere Position der Township-Bildungsstätten nicht von einem rassistischen Apparat mit voller Absicht forciert wurde. Sondern es einfach unglaublich schwer ist, diesen einmal als Platz der Armut und der Unterordnung geplanten Ort, aus dieser Rolle zu befreien.

Ich meine, ich weiß gar nicht, wie oft ich jetzt schon von Einbrüchen an Schulen in Townships gehört habe, bei denen wichtige Lernmaterialen gestohlen, einmal sogar ein ganzer Computerraum innerhalb von 24 Stunden nach der Einrichtung durchs Dach entwendet wurde.


Das hat mir ganz persönlich noch einmal ganz bildlich gezeigt, wie viel Schaden einmal getroffene politische Entscheidungen anrichten können und wie schwer, bis unmöglich es in der Zukunft sein kann, diese kurzfristig gedachte oder bewusst menschenfeindliche Legislative zu revidieren. Was, wie ich finde, auch eine lehrreiche Lektion für heutige aufgeklärte Demokratien ist, besonders im Angesicht globaler humanitärer Katastrophen, die schnelles multilaterales Handeln erfordern, z.B. ganz aktuell der Klimawandel.




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